Gerichtslinden und Dorflinden waren in früheren Zeiten eine Institution. Aus vergangenen Epochen, als Kriege noch das gängige Mittel der Konfliktbewältigung waren, kennen wir ebenfalls Friedenslinden, die aus Dankbarkeit nach Friedensschlüssen gepflanzt wurden. Die gegenwärtige sog. „Zeitenwende“ und der erschreckende Rückfall in kriegerische Auseinandersetzungen mit der entsprechenden Rhetorik, verschafft nun der Friedenslinde und dem Wunsch nach friedlichen Zeiten wieder eine „Blütezeit“.
In Erinnerung an die Kapitulation des Deutschen Reichs und an das Ende des Ersten Weltkriegs – aber sicherlich auch aus aktuellem Anlass – wurde am 11. November zwischen Garnisonsschützenhaus und Dornhaldenfriedhof (Stuttgart Süd) eine Friedenslinde gepflanzt. (In der „Stuttgarter Zeitung“ lese ich, dass vor 150 Jahren eine erste Friedenslinde in Stuttgart, an der alten Weinsteige, gesetzt wurde).
Am Vormittag des 11. November und bei klarer Luft versammelten sich etwa 30 Personen zwischen Garnisonsschützenhaus und Dornhaldenfriedhof (Stuttgart Süd), um dort eine Friedenslinde in die Erde zu setzen (genauer gesagt eine Sommerlinde, Tilia platyphyllos, vgl. meinen Post). Die Lesung eines Gedichts von Serhij Zhadan (Friedenspreis des deutschen Buchhandels) und die „Ode an die Freude“, gespielt von den Bläser/innen der letztes Jahr gegründeten „Friedensfanfare“, umrahmten die kleine Zeremonie.
Der Ort für die Baumpflanzung ist gut gewählt, denn das Areal des Dornhaldenfriedhofs war bis 1969 ein Maschinengewehr-Schießstand, an dem auch 25 Gegner des NS-Regimes hingerichtet wurden (über die Geschichte des Ortes informiert die Webseite des Vereins Garnisonsschützenhaus: https://garnisonsschuetzenhaus.wpcomstaging.com/haus-der-stille/historie).
Und nun steht es da, das kleine Bäumchen und trägt schwer an der Aufgabe, uns zu ermahnen, uns immer für Frieden und Demokratie einzusetzen. – Das war übrigens auch das Ziel der Veranstaltungsreihe „30 Tage im November“, die nächstes Jahr fortgesetzt wird (vgl. https://30tageimnovember.de).