Beuys‘ Stadtverwaldung

Bald 40 Jahre alt sind die 7000 Eichen, die Joseph Beuys 1982 bis 1987 in die Kasseler Innenstadt pflanzen ließ. „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ nannte er sein Projekt. Daran erinnern dieser Tage die Feuilletons anlässlich des 100. Geburtstags des innovativen aber auch umstrittenen Künstlers. Innovativ war Beuys‘ Idee der „sozialen Plastik“, die explizit Kunst und Politik/Gesellschaft zusammenbringt. Umstritten ist Beuys wegen seiner esoterischen Anteile und der neuerdings herausgearbeiteten Nähe zum NS-Gedankengut.

Als Programmpunkt der documenta 7 1982 ließ Beuys 7000 Basaltstelen vor dem Fridericianum in Kassel auftürmen. Neben jede gepflanzte Eiche wurde ein solche Stele gestellt, so dass der riesige Haufen der Stelen nach und nach kleiner wurde und 1987 – als alle Eichen ihren Platz im Stadtraum gefunden hatten – verschwunden war. Man könnte Beuys für einen Vorreiter der grünen und klimagerechten Stadt halten, der schon früh die Zeichen der Zeit erkannt hat. Doch das verkennt seine tatsächlichen Antriebe. „[…] ums städtische Klima [,] ging es Beuys nur am Rande. Für ihn waren die Bäume vor allem ‚Symbol für eine neue Gesellschaftsordnung‘ und das ganz im metaphorischen Sinne“. Über die Basaltstelen, so Beuys, „könnten kosmische Kräfte in den Erdboden gelangen, zu den Wurzeln der Eichen, die diese Kräfte wieder zu den Eichen ausstrahlen würden“ (DIE ZEIT Nr. 13, 25.3.2021, S. 51).

Beuys gehörte zu den Mitbegründer*innen der Grünen, die in ihren Anfängen auch Esoteriker anzogen.

Mit der Wahl der Bäume bewies Beuys allerdings ein gewisses Gespür (auch wenn es ihm vermutlich wichtig war, dass die Eiche die deutsche Seele am besten repräsentiert): Eichen sind gute Stadtbäume und – insbesondere die südosteuropäischen Arten wie etwa die Zerreiche (Quercus cerris) – sehr hitzeverträglich.

Und mit seiner Idee der „Verwaldung“ wollte er – die esoterischen Hintergründe vergessen wir mal – mehr Natur in die Stadt holen. Auch darin war er Vorreiter: Etliche Städte (Heilbronn und Paris, vgl. die News in diesem Blog) haben oder planen „Klimawälder“.

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